Hands on: tailwalk ELAN WIDE POWER 71L

Bigbait Multirollen für Hecht

Schaut man sich auf dem Markt für Bigbait (Wurf-)Multirollen um, sah die Auswahl bisher eher bescheiden aus. Zumindest, wenn folgende Kriterien erfüllt bleiben sollten: Low-Profile, starke Bremse, mitlaufende Schnurführung, robust. Bisher stand an dieser Stelle nur ein Name: ABU GARCIA - REVO TORO. In den letzten Monaten haben sich aber diverse Hersteller an die Erfüllung der aufgeführten Kriterien gemacht. Hierzu zählt die tailwalk ELAN WIDE POWER 71L. Ob sie den Schweden von ABU die Bigbait-Krone nimmt, lest ihr hier!

Neuland für tailwalk?

tailwalk? Das sind doch die mit den Barschrütchen oder? Das dürfte einem Hechtangler zunächst durch den Kopf gehen, wenn er den Herstellernamen hört. So richtiges Neuland ist die ELAN WIDE POWER am Ende dann auch nicht. Denn sie ist nahezu baugleich mit der OKUMA Komodo Baitcaster. Und OKUMA hat bekanntlich einiges an Erfahrung im Rollensegment. Warum habe ich mir dann nicht die OKUMA gekauft? Das Rot geht gar nicht! Optik spielt halt auch beim Angeln eine Rolle.

Optik & Haptik

Optisch wie haptisch ist tailwalk mit dieser Rolle ein Sahnestück gelungen! Gerade wer wie ich ein Faible für schlicht, matt und dunkel hat, wird diese Optik mögen. Ganz anders als viele Japan "Power-Ranger-Rollen". Die goldenen Applikationen sind noch nicht zu übertrieben. Meiner Meinung nach sollten es aber auch nicht mehr sein. Einzig die Daumentaste wirkt optisch etwas sehr billig. Haptisch ist die Rolle weit vorne. Die Sideplate fühlt sich ähnlich an wie bei der ABU NaCl: Wertig aber nicht metallisch. Insbesondere die Knobs finde ich von der Form her sehr gelungen. Das EVA generell und die umgesetzte Form speziell fassen sich toll an. Wer ist auf die Idee gekommen bei anderen Rollen runde EVA-Knobs zu verbauen? So wird`s gemacht! Meine Handflächen würde ich als mittelgroß/durchschnittlich bewerten und die ELAN passt dort perfekt hinein.

Wurfsystem

Das Wurf- bzw. Bremssystem weist erst einmal alle Bestandteile auf, die man von einer Rolle dieser Art erwartet. Unter der Sideplate, die genauso einfach wie bei der REVO TORO zu entfernen ist, verbirgt sich die Fliehkraftbremse, die das Überschlagen der Spule beim Wurf verhindern soll. Bei der Auslieferung war das Wurfsystem auf "0" gestellt! Das führte bei den ersten Gehversuchen am Wasser direkt zu ersten Backlashes. Das geht gar nicht bei einer Rolle, die für Großes gedacht ist. Kenne ich so von ABU z.B. nicht. Am Schluss war ich bei den eingesetzten Testködern (120gr bis 200gr) bei Stufe 6 angelangt. Bei der ELAN habe ich das Gefühl, dass hier das Konzept einer leichtgängigen Plattform für das Bigbaiten verbogen wurde. Trotz voll zugestellter Fliehkraftbremse und schwer eingestellter Schleifbremse neigt das System zu Backlashes bei den von mir getesteten Ködern. Ich führe das auf die zu leicht anlaufende Schnurführung zurück. Bei der ABU TORO NaCl zum Beispiel kann man ohne Bedenken voll durchziehen. Hier habe ich das Gefühl, dass Fliehkraft- und Schleifbremse in Kombination der anlaufenden Mechanik der Schnurführung eine perfekte Symbiose für Bigbaits gelungen ist. Das ist bei dieser Rolle absolut nicht der Fall! Auf der anderen Seite lassen sich Köder um 20gr. bei entsprechend eingestelltem Wurfsystem bis zum Horizont werfen. Aber haben wir die Rolle dafür gekauft und gibt es für das Segment nicht schon viel gute Konkurrenz?

Bremse & Knarre

Bremse und Knarre machen bei der ELAN genau das was sie sollen. Von soft bis bretthart ist bei der Bremse alles machbar. Einen großen Hecht konnte ich auch mit ihr drillen (leider verloren, da konnte die Rolle aber nichts für) und die Schnur wird gleichmäßig bei Fluchten freigegeben. Die Bremskraft dürfte ohne Probleme für Norwegen-Fans und allgemein für das Salzwasser ausreichen. Was gibt es zur Knarre zu sagen? Sie knarrt und das ist auch gut so. Ich wüsste jetzt keine weiteren Bewertungsmaßstäbe für ein derartiges Bauteil, die ich hier nun ansetzen könnte. Somit erhält das Brems- und Knarrsystem eine positive Bewertung in der Betrachtung. Genial wäre noch die Mechanik gewesen, dass die Bremse nur bei Schnurabzug knarrt und nicht beim Kurbeln, aber das gehört in das Premiumsegment.

Spule der Rolle tailwalk ELAN 71L
Spule zu nah an der Querverstrebung!

Lauf & Smoothness

Berücksichtigt man den Lauf gehört natürlich jedes Kriterium einbezogen, welches Auswirkungen beim Kurbeln und der Laufruhe haben kann. Und hier gibt es ein sehr wesentliches Detail, das hier unbedingt zu nennen ist. Als Mutliangler befüllt man die Rollen gewohnheitsweise bis ca. 1mm unter den Rand. Das habe ich mit der ELAN ebenso durchgeführt... um dann festzustellen, dass die Schnur gegen die Querverstrebung unter der Daumentaste drückt, weil diese konstruktionsbedingt sehr nah an die Spule gesetzt ist - das geht gar nicht!!! Das Anlaufen der Rolle hingegen geht sehr einfach und weich von statten. Durch die sehr hohe Übersetzung hat man immer genug Kontakt zum Köder und man muss sich keinen "abkurbeln" wie bei so manchen langsam übersetzten Bigbait-Rollen. Beim Durchlesen der technischen Details zur Rolle hatte ich mich zunächst nicht gewundert, warum die ELAN zwei Kugellager weniger hat, als z.B. die Konkurrenz von ABU. Als ich aber eine Angeltour im Regen verbrachte, wurde mir schnell klar was die Ursache hierfür war. Beim Kurbeln fing die Rolle plötzlich an Quietschgeräusche zu machen! Zunächst waren diese gar nicht direkt wahrnehmbar und ich kam gar nicht dauraf, dass sie aus der Rolle kamen. Mit zunehmenden Regen verstärkte sich das Geräusch aber immer mehr und es kam ganz klar aus der Kurbel bzw. der Region der Knobs. Bei nährerem Betrachten war die Sache schnell klar. im Handle sind keine Kugellager verbaut. Somit kommt es beim Kurbeln bei fehlender Schmierung zu Reibung und eben jenen Geräuschen. Die Rolle kostet über 200€!!! Mehr sage ich dazu jetzt nicht.

Rost an der WIDE POWER
Rost an der WIDE POWER

Bewertung nach längerem Einsatz

Leider verdichtet sich nach längerem Einsatz der tailwalk ELAN WIDEO POWER ein Bild, das eher negativ, als positiv ist. Beim Einsatz am Bodden fing die Rolle bereits nach kurzer Zeit wieder an zu quietschen. Das war so laut, dass die Rolle nicht weiter geangelt wurde. Zurück zu Hause wurde die Rolle geöffnet. Dabei stellte sich heraus, dass die Knobs nicht der Grund für das quietschen waren, denn diese standen gut im Saft. Vielmehr war unter dem Handle einiges an Rost zu finden. Die Rolle wurde generell noch einmal nachgefettet. Anscheinend muss ich hier eine Stelle übersehen haben, denn trotz der Rostentfernung neigt sie zum quietschen. Ein Geräusch, dass nicht angenehm ist und zudem auf höheren Verschleiß der reibenden Teile schließen lässt.

Fazit: tailwalk ELAN WIDE POWER 71L

Mit der ELAN WIDE POWER 71L  hätte tailwalk einen Kunstgriff landen können: Eine Alternative zu den Rollen von ABU. Das Konzept und die verbauten Features überzeugen so auch auf dem Papier (mitlaufende Schnurführung, Knarre, hohes Schnurfassungsvermögen...). In der Umsetzung kann die Rolle leider nicht überzeugen. Wäre ich auf sie angewiesen, würde Kaufreuhe eintreten. So aber ist sie eine "Notlösung" für Bigbaits, wenn die bewährte ABU REVO TORO NaCl mal in der Wartung sein sollte. Sie spielt somit die 2te Geige im Equipment. Für das leichtere Segment hält die Rolle gut her und ist für Gufis bis 23cm gut zu gebrauchen. Die Kaufintention war eine andere. Das ist schade, da das Design und bestimmte Dinge wie die Bremse tadellos sind. So bleibt aber nur der Versuch eine Barschrolle zum Hechtangeln umzumodeln - bei dem Versuch bleibt es. Die Kür wie Design meistert das gute Stück, aber bei der Pflicht hapert es nun doch zu sehr. Und beim Hechtangeln zählt die Pflicht! Ich möchte hier noch kurz darauf hinweisen, dass ich hier nur eine Review zur ELAN mache. Ob die angesprochenen Mängel und/oder Vorzüge bei der OKUMA Komodo ebenfalls zu finden sind, kann ich nicht einschätzen.

Katapult für Köder bis 120 Gramm

Ganz frisch noch eine Bilderserie und ein Video vom Wurftest mit einem ca. 120 Gramm Köder. Hierfür ist die Rolle gut geeignet. Für größere Köder leider nicht:

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